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 BUCKELMANNS VERWANDLUNG (Letzter Teil)

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rainerWsauer




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BeitragThema: BUCKELMANNS VERWANDLUNG (Letzter Teil)   BUCKELMANNS VERWANDLUNG (Letzter Teil) Icon_minitime2008-08-08, 12:21

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An Buckelmanns zweitem Tag als Wurm kamen ein paar Kinder mit ihrem Lehrer, Herrn Stevens, den Buckelmann schon seit 1983 kannte. Sie fragten ihn: "Hallo Wurm, geht es dir gut?" aber Buckelmann antwortete nicht. Herr Stevens sagte, "Ihr müsst das verstehen, Würmer haben keine Augen, Würmer sind taub und stumm". Die Kinder nickten. Ein Junge erzählte, dass sein Vater gerne fischen geht und oft Regenwürmer an den Haken der Angelleine binden würde. Die Kinder kicherten und Herr Stevens fragte rethorisch, welchen Fisch man wohl mit einem derart großen Regenwurm fangen könne. Aber schon bald wurde den Kindern langweilig und Herr Stevens und die Kinder verabschiedeten sich von Buckelmann und gingen zurück in die Stadt. Das war im Grunde überhaupt kein Problem für Buckelmanns Mission, denn niemand würde den Kindern glauben, wenn sie erzählen würden, draußen am alten Milchhof hätten sie heute einen zwei Meter langen Regenwurm gesehen. Als die Kinder nicht mehr zu hören waren hatte Buckelmann Hunger, robbte aus dem Matschloch zu seinem Zelt und aß Blatt für Blatt einen ganzen Salatkopf.

An seine zweite Nacht als Wurm konnte sich Buckelmann nicht mehr vollständig erinnern. Er wusste noch, dass er versucht hatte, verschiedenen Tierstimmen zu lauschen und sie auseinander zu halten. Das nächste, an das er sich erinnern konnte, war, dass er sich am schlammigen Wasser verschluckt hatte, wahrscheinlich, als er mit offenem Mund erschöpft eingeschlafen war. Eine Ewigkeit lang hustete er, bis er wieder richtig Luft bekam. Dann robbte er zu seinem Zelt, öffnete mit den Zähnen eine Wasserflasche und trank etwas Wasser. Am dritten Tag aß Buckelmann nur noch einen halben Salatkopf und auch sonst war es ein trostloser Tag für ihn. Es regnete ohne Unterbrechung und niemand kam zu ihm um sich für ihn oder sein Projekt zu interessieren. Die dritte Nacht schief er erneut nicht ein, um nicht wieder fast zu ertrinken. In dieser Nacht kam ein streunender Hund zu seinem Loch, knurrte ihn an, stellte dann aber fest, dass von Buckelmann keinerlei Gefahr ausging und durchstöberte daraufhin das Zelt und verschwand mit zwei Salatköpfen wieder im Wald.

Am vierten Tag schien die Sonne und mit der Sonne stieg Buckelmanns Wurm-Euphorie. Er grub kleine Tunnel, ganz so, wie Würmer es tun, und gleich ihnen wühlte er sich durch die Erde. Heute war Buckelmann zum Reden zumute, aber wieder einmal kam niemand zu ihm um ihn zu besuchen und als es dunkel wurde fror er stark. Wahrscheinlich war dies das Ergebnis der Sonnenstrahlung am Tage, dass er nun die kalte Nacht um so stärker spürte. Am nächsten Tag - welcher war es noch gleich? Buckelmann verließ langsam das Gespür für Raum und Zeit- kam ein Kamerateam von HTV Cymru Wales. Der Reporter beugte sich über das Loch und zeigte den Zuschauern der Nachmittagsendung Livebilder von Buckelmann, der gerade an einem Blatt des letzten, halben, verbliebenen Salatkopf aus dem Supermarkt knabberte und fror. "Excuse me" sagte der Reproter zu ihm "Erlauben Sie die Frage ..." und der Kameramann zeigte Buckelmann in Weitwinkel-Großaufnahme, "... was soll das Ganze?" - Buckelmann antwortete nicht, er war es leid. Dabei war doch alles so einfach: Buckelmann wollte erleben, wie es sich anfühlt, eins zu sein mit der Erde, auf der wir leben und in die wir kommen, wenn wir tot sind. Er wollte den Unterschied erfahren zwischen Menschsein und Tiersein an dem Punkt, wo beide sich einander annähern. Dieses Ziel aber, dämmerte Buckelmann als seit beinahe einer Woche zum Wurm gewordener Mensch, war den 'normalen' Menschen offensichtlich zu hoch.

Noch als das TV-Team lange wieder verschwunden war, knabberte Buckelmann noch an seinem Salatrest herum und versuchte sich am Formen von Erdklumpen, so, wie Würmer es wahrscheinlich tun, fror aber erneut und entschied sich deshalb dazu, die Nacht trocken und warm im Zelt zu verbringen. In dieser Nacht wickelte er sich komplett aus der Frischhaltefolie, ging in den Ort in ein Pub und trank dort ein Bier. Wieder zurück wickelte er sich erneut in die Folie, schlief durch bis Sonnenaufgang, lies sich erst von der Sonne aufwärmen und sich dann wieder in das Matschloch gleiten.

Am Beginn des neunten Tag war dann alles vorbei und Buckelmann wickelte sich, als die Reporterin der Lokalzeitung erschien, erleichtert aus der Frischhaltefolie. Auf die Frage, was er nun gelernt habe als Wurm, sagte Buckelmann zu ihr, dass es falsch gewesen sei, als Kind heißes Wasser auf Nacktschnecken zu streuen oder Würmer in der Mitte durchzuschneiden, auf dass beide Teile davon kriechen. Das könne er sich heute nicht verzeihen, aber als unschuldiges Kind, ganz im Sinne William Blakes, habe er sich damals dabei nichts gedacht.

Jetzt aber wisse er, sagte Buckelmann zu ihr, dass Würmer aufgrund der Macht ihrer Machtlosigkeit nützlichere Diener der Natur seien, als der Mensch. Dies sei das Privileg der Wirbellosen, sagte Buckelmann, packte sein Zeit unter den Arm und ging von dannen.
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